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Trierischer Volksfreund: Ein Jahr Montessori-Schule: Wo Kinder im eigenen Rhythmus lernen

Die Freie Montessori-Schule Trier blickt auf das erste Jahr ihres Bestehens zurück, ein ereignisreiches Jahr.
Foto: Montessori-Schule Trier

Einschulung, Sabine, Hochwasser, Pandemie: Hinter der jungen freien Montessori-Schule Trier liegt ein turbulentes erstes Schuljahr. Warum Schüler, Eltern und Lehrer dennoch zufrieden sind.

Das erste Schuljahr ist ein besonderes Jahr im Leben eines Schülers:  lernt neue Kinder und das Einmaleins kennen Vorher noch undefinierbare Zeichen werden zu Buchstaben, zu Wörtern, Sätzen, Geschichten.

Philine und 15 weitere Jungen und Mädchen haben dieses besondere Schuljahr an einer besonderen Schule verbracht, der Freien Montessori-Schule Trier. Sie ist benannt nach Maria Montessori, der Begründerin dieser speziellen Pädagogik (siehe Info). Lange von Eltern geplant, wurde die Schule nach dem Umbau des Bootshauses am Moselufer 2019 offiziell eröffnet. Damals ahne noch niemand, dass Regenwasser den Keller überfluten, das Sturmtief Sabine wüten und das Coronavirus vieles verändern würde. Getragen wird die Schule vom Verein Freie Montessori Schule Trier. Zuschüsse gibt es noch keine, der Verein muss schauen, dass Geld über Spender und Sponsoren reinkommt.

INFO

Montessori-Pädagogik – Was ist das?

Vor weit über 100 Jahren hatte die erste Medizinerin Italiens, Maria Montessori , das Casa dei Bambini in Rom eröffnet, ein Kinderhaus für verwahrloste Straßenkinder. Montessori hatte beob­achtet, dass schon Vierjährige von sich aus lesen und schreiben lernen wollen. Der Grundstein für ihre bis heute populäre Pädagogik. 1924 wurde die Montessori-Methode an italienischen Grundschulen eingeführt. Bis heute ist ein Baustein ihrer Methode die Überzeugung, dass Erwachsene viel zu häufig und viel zu schnell in den natürlichen Entwicklungsgang eingreifen, Kinder aber eigene Erfahrungen machen müssen.

David Thieser, Familienvater und erster Vorsitzender des Vereins, resümiert: „Wir sind alle sehr glücklich, dass wir es gemacht haben.“ Glücklich macht ihn persönlich, dass seine Tochter jeden Tag gerne in die Schule geht. Während der Corona-Krise habe er während des Home-Learnings beobachtet, wie sie freudig Aufträge erledigt habe. Und er erinnert sich besonders gerne an den ersten Schultag. „Überwältigend, das Warten hatte ein Ende.“

Das war vor rund 365 Tagen. Stolz erzählt Philine (7) heute, sie kenne alle Buchstaben, Lesen und Schreiben mache ihr Spaß und sie habe die Hauptrolle in dem Theaterstück „Die dumme Augustine“ gespielt. Auch laut Philines Mutter, Andrea Weich-Emblanc, liegt ein sehr positives erstes Schuljahr hinter der ersten Klasse. Weil ihre Tochter nach dem eigenen Rhythmus lernen kann, das Miteinander der Kinder sehr gut ist und wegen „des demokratischen Erziehungsstils“. Konkret bedeutet dies etwa, dass einmal in der Woche der Klassenrat tagt. „Fragen wie ,was ist gut, was ist schlecht gelaufen?’, ,was hat mich froh, was hat mich traurig gemacht?’, werden besprochen“, sagt Weich-Emblanc, „und Konflikte gelöst.“

Tanja Jaeger ist Lehrerin an der inklusiven Montessori-Schule in Trier. Im ersten Jahr habe sie am meisten beeindruckt, wie gerne, selbstständig und erfolgreich die Kinder lernen, „wenn man sie lässt“. Ein Pfeiler der Montessori-Pädagogik ist, dass die Kinder sich mit den Aspekten eines Themas beschäftigen, die sie gerade interessieren. Und natürlich denkt die Lehrerin an die Corona-Krise, wenn sie das zurückliegende Schuljahr Revue passieren lässt. „Dank unserer engagierten Eltern, haben wir die erst einmal gut überstanden und hoffen, dass wir im nächsten Schuljahr wieder halbwegs normal starten können.“ Das soll in erstmals jahrgangsgemischten Lerngruppen – eine weitere Besonderheit der Montessori-Schule – erfolgen.

Nach den Sommerferien starten die Neuen: 24 Jungen und Mädchen, ausgewählt aus 60 Bewerbungen. Männer und Frauen aus dem Vereinsvorstand und dem pädagogischen Team hätten es sich nicht leicht gemacht, den Familien eine Zu- oder Absage zu erteilen, sagt Thieser. Dabei sei es eine Herausforderung, offen für alle zu sein, aber auch die Kosten für Personal und Miete im Blick zu halten. „Es ist schön, dass wir Kinder aus Familien, die es sich nicht leisten können, aufnehmen können“, sagt Thieser. Stipendien aus Stiftungen machten es möglich. Sich Herausforderungen zu stellen und sie zu meistern, sind die Macher rund um die erste freie Montessori-Schule in Trier nach diesem Schuljahr mit Sturmtief Sabine, Hochwasser und Pandemie gewohnt.